Wir verwenden Cookies, um unsere Website für Sie optimal zu gestalten.

Zur Analyse nutzen wir den Webdienst Matomo. Ihre persönlichen Daten – darunter Ihre IP-Adresse – werden vor der Verarbeitung anonymisiert. Bitte stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.

Projekt-Info

Mitwirkende

Heinz Peter Brogiato, Kathrin Fritsch, Adam Jones (Universität Leipzig), Bruno Schelhaas, Isabel Voigt, Ute Wardenga (Projektleitung)

Kooperation(en)

University of Illinois (USA), University of Texas at Arlington (USA), Universität Leipzig, University of South Africa, Pretoria, Sächsische Akademie der Wissenschaften, HU Berlin, Universität Basel (Schweiz), University of Lagos (Nigeria), Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha

Dauer

05/2009–12/2011

Förderung

Deutsche Forschungsgemeinschaft

Kontakt

Ute Wardenga
U_Wardenga[at]leibniz-ifl.de
Tel.: +49 (0)341 600 55-110

Europäisches und Afrikanisches Raumwissen

Afrikakartographie, 1850–1914

In der Wissenschaft dominieren noch immer weitgehend positivistische Perspektiven, die von der Karte als Produkt ausgehen und deren komplexen Produktionsprozess außer Acht lassen: Karten werden vor allem unter dem Gesichtspunkt eines kumulativen Wachstums von objektivem Wissen interpretiert, im Zuge dessen eine immer korrektere Abbildung der geographischen Realität zustande komme.

Das Forschungsprojekt verknüpfte durch seinen interdisziplinären Ansatz kartographiegeschichtliche Analysen mit den neueren Befunden der (historischen) Wissenschaftsforschung sowie sozialwissenschaftlichen Betrachtungen. Denn Visualisierungen sind nicht nur von erheblicher Bedeutung für die Forschungspraxis. Sie tragen auch erheblich zur Formung und Ordnung von Wissen bei, setzen Prozesse typologischer Mustererkennung in Gang und können sich als „Schule des Sehens“ erweisen.

Das Ziel des Projektes war, einen kaum beachteten Aspekt des interkulturellen Wissenstransfers zwischen Afrika und Europa in einer entscheidenden frühen Phase der Globalisierung näher zu beleuchten. Im Unterschied zur postkolonialen Kritik an der Reiseliteratur des 19. Jahrhunderts ging das Forschungskonzept davon aus, dass nicht alles, was seinen Weg in die europäischen Karten und Bücher über Afrika fand, durch die hegemonialen Deutungen und Kategorien der Europäer gefiltert wurde, sondern sich Spuren afrikanischer Kenntnisse und Taxonomien als indigene „Stimmen“ in den Kartenwerken erkennen lassen.

Ergebnisse/Publikationen

Nach umfangreichen Archivstudien und der Sichtung zahlreicher publizierter Schriften findet sich die Annahme bestätigt, dass die „moderne“ Karte von Afrika nicht allein auf europäischen Beobachtungen und Techniken, sondern in erheblichem Umfang auf afrikanischem Wissen beruhte. Die meisten europäischen Afrikareisenden teilten jedoch die Vorstellung von Afrika als einem „leeren“ Raum und glaubten, der Kontinent könne erst durch europäische „Entdeckung“ zur Existenz gebracht werden.

Dabei waren kartographische Visualisierungen für die Reisenden in allen Fällen handlungsleitend und führten regelmäßig zu transkulturellen Verständigungsproblemen. Im Feld selbst wurden, entgegen späterer Darstellungen und auch entgegen der publizierten Kartenaussagen, die in Europa geplanten Reiserouten in der Regel durch lokale Akteure verändert und neu ausgehandelt. Zudem spielte afrikanisches Wissen (und zwar nicht nur in Bezug auf die Benennung von Örtlichkeiten) bei der Sammlung von Informationen und der Konstruktion von (Entwurfs-)Karten bis in die 1880er Jahre hinein eine weit größere Rolle als bisher angenommen.

Jones, Adam / Voigt, Isabel (2012): "Just a First Sketchy Makeshift": German travellers and their cartographic encounters in Africa, 1850-1914. In: History in Africa 39, S. 9-39

Voigt, Isabel (2012): Die «Schneckenkarte» - Mission, Kartographie und transkulturelle Wissensaushandlung in Ostafrika um 1850. In: Cartographica Helvetica (45), S. 27-38

Wardenga, Ute (2012): Kartenkonstruktion und Kartengebrauch im Spannungsfeld von Kartentheorie und Kartenkritik. In: Armin Hüttermann u. a. (Hrsg.): Räumliche Orientierung. Räumliche Orientierung, Karten und Geoinformation im Unterricht. Tagungsband zum HGD-Symposium in Ludwigsburg, 19. HGD-Symposium vom 6. bis 9. April 2011. Braunschweig: Westermann, S. 134-143 u. 370-371 (Geographiedidaktische Forschungen; 49)

Schelhaas, Bruno / Wardenga, Ute (2011): „Inzwischen spricht die Karte für sich selbst“. Transformation von Wissen im Prozess der Kartenproduktion. In: Steffen Siegel u. Petra Weigel (Hg.): Die Werkstatt des Kartographen. Materialien und Praktiken visueller Welterzeugung,  München: Wilhelm Fink, S. 89-107 (Laboratorium Aufklärung; 9)

Voigt, Isabel / Fritsch, Kathrin (2011): Transcultural aspects of exploring and mapping South West Africa between 1850 and 1914. In: Journal of Namibian Studies (9), S. 61-83

Jones, Adam (2010): Oldendorps Beitrag zur Afrikaforschung, in: Gudrun Meier u. a. (Hrsg.): Christian Georg Andreas Oldendorp, Historie der Caraibischen Inseln Sanct Thomas, Sanct Crux und Sanct Jan. Kommentarband, Beiheft der Unitas Fratrum 19, S. 181–190

Fritsch, Kathrin (2009): “"You have everything confused and mixed up …!" Georg Schweinfurth, Knowledge and Cartography of Africa in the 19th Century”. In: History in Africa 36, S. 87–101.

Schelhaas, Bruno (2009): Das „Wiederkehren des Fragezeichens in der Karte“. Gothaer Kartenproduktion im 19. Jahrhundert. In: Geographische Zeitschrift 97 (4), S. 227–242

Fritsch, Kathrin / Voigt, Isabel (2008): “Local knowledge is wonderfully good, but …" - African Knowledge in European Maps. Proceedings of the Portsmouth Symposium, ICA Commission on the History of Cartography, 10.-12.09.2008 in Portsmouth/UK. Download 

zurück