Beiträge für die von Tim Leibert (IfL) und Susann Schäfer (Uni Jena) organisierten Fachsitzung bei der Tagung Neue Kulturgeographie vom 26. bis 28. Januar 2023 in Halle (Saale) können bis 15. Oktober eingereicht werden.
Themen / Leitfragen
Die politische Krise ist ein Beispiel für andere soziokulturelle Entwicklungen in ländlichen Regionen. Andere betreffen die Sicherung von Versorgung und Infrastrukturen (z. B. Gesundheit, Bildung) sowie Fragen um die Sicherung von Erwerbsarbeit und Einkommen, darüber hinaus auch Migration und Aushandlung von Diversität. Diese teilweise miteinander verflochtenen Krisen wollen wir in einer Fachsitzungsitzung bei der NKG-Tagung 2023 in Halle (Saale) thematisieren. Folgende Fragen sollen als Impuls dienen:
- Welche Krisen werden über „den ländlichen Raum“ verfasst und imaginiert? Welche Narrative werden dabei verwendet? Wie werden diese Krisendiskurse mit anderen Imaginationen des Ländlichen (z.B. „rural idyll“) in Einklang gebracht?
- Welche Rolle und Position kommt ländlichen Räumen und ländlichen Gemeinschaften in einem relationalen Verständnis (i. S. von verschiedenen Bezugsräumen, politischen Positionen) von „Krise“ zu?
- Welche Differenzen und Gemeinsamkeiten gibt es im „Krisenerleben“ seitens von Forschenden, Einwohner*innen und anderen Positionen (z. B. Politiker*innen, Medien)?
- Wie werden „Krisen“ in ländlichen Räumen beforscht? Welche Folgen haben bisherige Forschungspraktiken auf die Konzeption und das Erleben von „Krisen“?
- Wie gehen Akteure in ländlichen Räumen mit „Krisen“ und ihren Folgen um? Welche Strategien werden verfolgt, welche (lokalen/regionalen/nationalen/internationalen) Netzwerke und Koalitionen gebildet?
Abstract einreichen
Über diese und verwandte Fragen wollen wir in dieser Fachsitzung in einen Dialog treten. Wer einen Vortrag dazu beitragen möchte, kann uns einen Abstract (ca. 250 Wörter) bis 15. Oktober 2022 zusenden: susann.schaefer(at)uni-jena.de | t_leibert(at)leibniz-ifl.de
Hintergrund
In den vergangenen Jahren ist es in der Humangeographie zu einer Hinwendung zu ländlich-peripheren Räumen gekommen (Belina, Kallert, Mießner, & Naumann, 2022), die nicht nur als krisenbehafte Regionen, sondern zunehmend auch als Orte alternativer Lebensentwürfe, des Postwachstums und anderer Utopien betrachtet werden (Krajewski & Wiegandt, 2020). In Bezug zum Oberthema der Neuen Kulturgeographie 2023 möchten wir den Fokus auf die Krisen des ländlichen Raumes legen und diese aus verschiedenen Perspektiven erarbeiten und diskutieren. Diese Krisen sind nicht „in der Welt, sondern werden erst dadurch zur Krise, dass sie sprachlich und narrativ als solche gefasst werden“ (Graf, 2020).
Das von Brinks und Ibert erwähnte „multi-lokal uneinheitliche Krisenerleben“ unterstreicht, dass Krisen räumlich differenziert wahrgenommen und erlebt werden (Brinks & Ibert, 2020)*. Die Krisen des (ländlichen) Raumes können daher sehr unterschiedlich je nach Position des Betrachtenden bewertet werden. Beispielsweise vollzieht sich nach Ansicht vieler Wissenschaftler*innen eine politische Krise im ländlichen Raum, die sich durch die „geographies of discontent“ bzw. populistischem Wahlverhalten (Dijkstra, Poelman, & Rodriguez-Pose, 2020) und rechter Raumnahme zeigt (Mullis & Miggelbrink, 2021). Arbeiten zum aufkeimenden Populismus in ländlichen Regionen unterstreichen die Bedeutung fehlender Wertschätzung und dem Gefühl in politischen Diskursen nicht adäquat repräsentiert zu sein (Steiner, Schimpf, & Wuttke, 2022).
*Referenzen siehe PDF-Version des CfP
Weitere Informationen / Tagungsanmeldung