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IfL-Direktor lehnt Auszeichnung der Russischen Geographischen Gesellschaft ab

Aus Protest gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine hat der Direktor des Leibniz-Instituts für Länderkunde, Professor Dr. Sebastian Lentz, die Semënov-Medaille in Gold zurückgewiesen.

Die Auszeichnung war ihm von der Russischen Geographischen Gesellschaft im vergangenen Jahr für seine Forschungen zu Transformationsprozessen in Russland und dem östlichen Europa zugesprochen worden. Über die Rückgabe des Preises informierte er heute den Sekretar des Verwaltungsrates der Russischen Geographischen Gesellschaft, Professor Dr. A. A. Manukjan, mit diesem Schreiben (Übersetzung der russischen Originalversion):

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte und liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Kollege Manukjan,

Sie haben mir vor etwa einem Jahr die Goldene Semënov-Medaille der Russischen Geographischen Gesellschaft verliehen. Ich habe dies nicht allein als Anerkennung meiner eigenen langjährigen wissenschaftlichen Forschung in und über Russland verstanden, sondern auch als Auszeichnung für die Forschung mit russischen Kolleginnen und Kollegen. Diese gemeinsame Forschung war nie ausschließlich von wissenschaftlicher Neugier getrieben, sondern immer auch von der Freude an der respektvollen Zusammenarbeit mit internationalen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere aus allen Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Wir haben durch Diskussionen und Austausch neue Erkenntnisse über Länder, Orte und Regionen, über Gesellschaften und über Menschen gewonnen. Dieses gemeinsame Schaffen von Wissen übereinander, die offenen und respektvollen Diskussionen und die persönlichen Kontakte untereinander haben uns gezeigt, dass wir mit unserem wissenschaftlichen Austausch Brücken schlagen und wunderbare Freundschaften stiften konnten.

Ich glaube sagen zu dürfen, dass wir diese gemeinsame Wissenschaft, die Verbindung von Forschung und Lehre und die Anleitung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer auch mit der Hoffnung betrieben haben, hiermit einen kleinen Beitrag zu einem friedlichen Miteinander zu leisten. Erkenntnisfortschritte sind nicht ohne freie, offene, gleichberechtigte und vertrauensvolle Kommunikation über intellektuelle ebenso wie über staatliche Grenzen hinweg möglich. Ich habe die Verleihung der Semënov-Medaille an mich als Deutschen auch als eine Würdigung dieser Grundsätze verstanden.

Die russische Regierung hat in diesen Tagen einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Sie verbindet ihn mit einer unerträglichen Rhetorik, die der Ukraine das Existenzrecht und einer demokratisch gewählten Regierung die Legitimität abspricht. Diese Aggression haben der Präsident der Russischen Geographischen Gesellschaft und der Vorsitzende seines Kuratoriums zu verantworten. Sie handeln damit gegen alle Grundsätze der gegenseitigen Achtung, der Freiheit und des Friedens, und damit fundamental gegen diejenigen Prinzipien, die ich als Basis meiner Zusammenarbeit mit allen internationalen Kolleginnen und Kollegen betrachte.

Ich sehe es unter diesen Umständen als glücklichen Zufall an, dass Sie mir die Semënov-Medaille bislang nicht persönlich überreichen konnten. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich diese Medaille nicht annehmen werde, sondern sie zurückweise.

In der Hoffnung, dass es auch wieder bessere, friedliche Zeiten für wissenschaftliche Zusammenarbeit geben möge,

Sebastian Lentz